Genetik – Psyche – Training
Im Trainer-Alltag werden wir konfrontiert mit vielen altbekannten und immer wieder aktuellen Themen, Problemen und Fragestellungen… Die Situation an der Tür zuhause wenn es klingelt und Besuch kommt, ist ein Klassiker und wird sooft genannt, dass mitzählen unmöglich geworden ist.
Hier ein paar erklärende Worte – inspiriert von EUCH.
Mit der Motivation und einer Menge Input diese Angelegenheit mal anders wahrzunehmen. – aus Sicht eures Hundes und natürlich inklusive Ansätze zur Veränderung, – angefangen mit einer Veränderung der Einstellung zur Tür.
Die TÜR ist die Nahtstelle zur Außenwelt, Quasi die Schleuße zwischen „drinnen“ dem geschützten Bereich (Safe Zone) und „draußen“ der Außenwelt, also all den fremden Menschen und verschiedensten Umweltreizen. Diese Nahtstelle, die Schleuse, dieser räumlich definiert Ort ist einer der strategischsten Plätze die es in einem Wohnraum gibt.
An der Tür entscheidet sich sehr viel: wer verwaltet den Gast, wer kontrolliert ihn, und wenn notwendig, wer garantiert für die Sicherheit – dass der „Eindringling“ kein Übel/keine Konflikte mitbringt oder hereinträgt. An der Tür stellt sich also sehr oft die Frage nach der „nationalen Sicherheit“ 😉
Wieviel STRESS konkret in deinem Fall mit der Haustür verbunden ist, entscheidet die Rassegenetik deines Hundes und sein Alter. – und natürlich sein Status, also sein Erziehungs- und Trainingsstand, ob er sich zuständig fühlt oder ob er sich deinem Management anvertraut.
In der Rassegenetik deines Hundes ist verankert wie groß er den Unterschied zwischen „drinnen und draußen“ wahrnimmt und zwischen „intim und fremd“. Ebenfalls wie ausgeprägt sein Gespür für Grenzen ist und ob er einen Handlungsauftrag für sich wahrnimmt. Dazu kommen Entwicklungsabschnitte die das verstärken oder mindern oder abfragen. Auch sein individueller Charakter beeinflusst mit, wie „sicher“ er sich fühlen möchte oder wie „bestimmend“ er wird.
Aber bleiben wir hier und jetzt mal bei der Rassegenetik, weil da der Hauptanteil der Motive drin steckt:
Ohne rassistisch zu sein, und ja Ausnahmen bestätigen die Regel, möchten wir zur Verbildlichung mal 2 Gegenpole entwerfen:
Auf der einen Seite ein Goldi, auf der anderen ein Schäferhund.
Der Goldi hat durch Zuchtauslese auf Freundlichkeit und kooperative soziale Gesinnung eine sehr reduzierte Wahrnehmung für „intim und fremd“. Gerade das schätzen seine Fans! Dem Goldi sind Grenzen und Überschreitungen meist recht schnuppe – er behandelt alle mehr oder weniger „intim“. Die Differenzierung von „safe-Zone“ und Draußen- Umwelt ist fast nicht vorhanden. Er hat dadurch auch viel weniger Gespür für Bedrohung, bzw. ordnet Situationen nicht danach ein, oft erkennt er sie nicht mal als solche…. Alle sind erstmal Freunde bis sich das Gegenteil erweist.
Er zeigt sich ohne Führung eher zonen-unsensibel, weil er gleich „intim“ ist, er ist eher freundlich-ungestüm, springt wild an und ist zeigt sich frustriert wenn er wo nicht in Kontakt darf, er bellt aus Vorfreude, Überschwang und Frustration…
Er braucht einen kompetenten Vormund, der dieser -ich nehme mir die Freiheit und nenne sie- „naiven Hundeseele“ Beistand leistet und auf sie aufpasst und der ihre Aufgeschlossenheit verwaltet.
Schutzhunde, in meinem Beispiel ein Schäferhund, sind „scharf gestellt“ auf Grenzen und deren Überschreitung. Das Gespür für Drinnen = safe-Zone und draußen = Außenwelt ist ausgeprägt. In seiner Genetik sitzt ein Handlungsauftrag: pass auf Grenzüberschreitungen auf und bewache die Safe-Zone mit vollem (Körper-) Einsatz. Es gibt einen großen Unterschied zwischen „intim und fremd“ – und grundsätzlich sind alle da Draußen „fremd und potentielle Grenzüberschreiter“ – ein Schutzhund muss das immer im Auge haben – bis sich das Gegenteil erweist und er etwas oder jemanden als „unbedenklich“ oder „harmlos“ – also keine Bedrohung einstuft – oder als „besiegt“, was einen vorhergegangen Konflikt beinhaltet.
So ein Typ „pur“ zeigt sich eher zonensensibel bis übersensibel und versucht abzuwehren, in Schach zu halten und/oder den Gast zu beaufsichtigen, auch inkl. Verbellen, knurren, Verfolgen und kommentieren…
So ein Hund braucht einen Vorgesetzten, der ihm seine Einsätze absolut klar und unmissverständlich zuweist und ihn ansonsten entlastet und entlässt aus der Entscheidungsfindung über „harmlos“. Sein Misstrauen und seine Einsatzbereitschaft muss verwaltet werden.
Zwischen diesen beiden Polen gibt es eine lange Reihe von Abstufungen – wo steht dein Hund?
Näher am Goldi oder näher am Schäferhund?
Erforsche seine Rassegenetik und seinen ursprünglichen Auftrag. Erforsche auch sein Wesen und beobachte seine Reaktionen und seinen Ausdruck – eben wenn es klingelt und sich Besuch ankündigt…
Filme mal und schau es dir objektiv nochmal an.
Welche Aufregung stellst du fest?
Was erkennst du alles und was kannst du nichteinordnen?
Draußen auf dem Gassi folgen Begegnungen dem gleichen Prinzip:
Auch hier gibt es eine Safe-Zone und „draußen“. Die Safe-Zone ist definiert durch die Kombination eurer Individualzonen – eure Aufenthaltszone wenn wir sie mal so nennen. Auch hier reagieren die Hunde nach dem gleichen Muster: freundlich-aufgeschlossen mit einem wenig ausgeprägten Gespür für diese Zonen oder misstrauisch-abcheckend mit einem ausgeprägten oder auch alarmierten Gespür für diese Zonen. Wer könnte eindringen?
Und auch hier braucht es entweder einen kompetenten Vormund oder einen entschlossenen Vorgesetzten, wenn die Begegnungen „reibungslos“ funktionieren sollen.
Zuhause kündigt die Klingel an, dass ein Kontakt zur Außenwelt ansteht.
Wenn sich die Tür öffnet, öffnet sich somit die Schleuße zur Außenwelt.
Am Verhalten von Hundebesitzer und Hund an der Tür lässt sich schon sehr viel ablesen bezüglich:
– Status
– Zuständigkeit
– Vertrauen
– Führungsverantwortung.
Habt ihr euren Hund auf der Skala näher an den kooperativen Goldi gesetzt, dann geht es nun in der Regel um die Verwaltung des Kontaktes im Sinne von „du kannst nicht einfach immer jede Schokolade haben“, Akzeptiere ein Nein und lerne dich zu beherrschen und mit Frustration umzugehen.
Steht euer Hund näher am Pol des Schäferhundes, dann geht es nun um Klärung von Zuständigkeit, wer kontrolliert den „Eindringling“ und bescheinigt Sicherheit und wer entscheidet über eventuelle Einsätze? An der Tür muss ein Schutzhund komplett entmündigt werden, damit er relaxed zuschaut wie ein Fremder die Safe-Zone betritt.
WICHTIG: Beide Typen zeigen Aufregung und Stress – und ob aus Freude oder aus Kontrollbedürfnis oder aus Alarmbereitschaft spielt keine Rolle. Es ist und bleibt Stress, – der Puls geht hoch, meist wird der Hund regelrecht laut vor Aufregung, – dann ist für ihn nicht KLAR geklärt, wer an der Tür dran ist und wer nicht und wer entscheidet wie die Begegnung sich gestaltet. Eine Begegnung/Kontaktaufnahme – JEDE! – ist eine Ressource und braucht Verwaltung und Vorgaben, die direkt und klar an den Hund weitergegeben werden sollten.
Das Gleiche eben wie draußen auch, denn die Tür ist eine Begegnung wie der entgegenkommende Artgenosse in der Siedlung auch.
Beobachtet also die Lauf/Bewegungslinien auf dem Weg zur Tür:
– wer steht genau am Türschlitz?
– Wer lässt Vortritt) wer besteht auf diesen
– wer drängelt und übernimmt
– und wer steckt zurück und überlässt?
– Wie wird die strategische Zone um die Tür verwaltet?
– Wer hat den Erstkontakt zum Gast?
– Wie gestaltet sich das „Hallo sagen“?
Beobachte und sensibilisiere dich für das Aufregungslevel deines Hundes – je aufgeregter desto ungeklärter!
Ein gut trainiertes Deckentraining kann da viel Aufregung rausnehmen, aber wenn der Hund die Decke nicht einhält – weil er sich nicht aus der Begegnung raushalten will, dann liegt der „Fehler“ nicht im Deckentraining, sondern in der nicht geklärten Zuständigkeit an der Tür. Und wenn der Hund auf der Decke bellt und sich alarmiert zeigt, dann ist auch hier die Ursache nicht im Deckentraining, sondern es ist sein „Kopfkino“ bezüglich des Aufeinandertreffens von Draußen und Drinnen und Fremd und Intim an der Tür.
Um den Hund an eure Einstellung und Vorgabe anzupassen, ihn also zu erziehen dazu dass er in eurem Sinne reagiert, ist es erstmal nötig und unumgänglich ihn abzuholen wo er steht, wie seine Gesinnung ist und was sein Strukturbedürfnis ist.
Nur über ERFÜLLUNG SEINER BEDÜRFNISSE wird er eure Bedürfnisse erfüllen!
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